Dienstag, 31. März 2009

Die Sterne

Sie: Warum siehst du so traurig aus?
Er: Vielleicht bin ich es.
Sie: Sieh nur, nie zuvor habe ich die Sterne so klar gesehen.
Er: Vielleicht waren sie es nie zuvor.
Sie: Weißt du was es heißt zu bereuen?
Er: Ganz bestimmt.
Sie: Wenn ich die Traurigkeit in deinen Augen glitzern sehe, dann bereue ich.
Er: Was bereust du?
Sie: Ich bereue, dass die Sterne so weit weg sind.
Das Glitzern aus seinen Augen verschwand.
Er: Weißt du was, du hast es nicht verdient zu bereuen.
Sie: Und was willst du tun?
Er: Nimm deine Hand und streck sie aus! Was fühlst du?
Sie: Ich greife ins Leere. Jetzt fühle ich mich allein.
Er stand auf und nahm ihre ausgestreckte Hand in seine.
Er: Siehst du, ich glaube die Sterne sind ganz nah.
Sie drehte ihren Kopf und sah in seine Augen.

Das Haus

Dort ganz am Ende steht ein Haus. Schon am frühen Abend brennt Licht im kleinen Zimmer zur Straße hinaus. Jeden Abend. Die Gardinen sind geschlossen. Auch morgens sind die Gardinen vorgezogen, noch nie habe ich jemanden die Haustüre öffnen sehen. Manchmal sitzt eine Katze auf dem Fensterbrett. Sie starrt mich an, gehe ich vorbei. Einmal abends klingelte ich an, der Lichtschein im Zimmer erlosch, nichts rührte sich. Verwundert drehte ich mich um, ließ die Lilien auf den Treppenstufen zurück. Am nächsten Morgen waren die Blumen nicht mehr da.
Auch heute gehe ich wieder an dem Haus vorbei. Doch es brennt kein Licht, kein Vorhang ist vorgezogen. Unheimlich, denke ich. Dann komme ich nach Hause, inzwischen ist es dunkel. Als ich gerade den Schlüssel ins Schloss stecken will, entdecke etwas rotes neben meinen Füßen. Ich bücke mich und finde eine Blumenvase. In ihr stehen drei rote Mohnblumen. Verunsichert drehe ich mich um, doch die Straße ist menschenleer. Nie wieder habe ich das Licht im Haus dort am Ende brennen sehen.

Donnerstag, 19. März 2009

Der Ausblick

Elegant setzt der Adler zum Landeanflug an. „Wer bist du?“, fragt er den Mann. „Kennst du mich nicht, Adler?“, fragt der Mann verwundert. „Ich bin ein Star, mir gehört die Welt.“ „Welche Welt?“ „Was meinst du, welche Welt? Sie nach vorn, der endlose Horizont über dem Ozean.“ Der Adler spannte seine Flügel aus und machte einen Satz nach vorn. Er stand jetzt ganz vorne am Felsvorsprung. Fragend drehte er sich zu dem Mann um, „ und das alles gehört dir?“ „Nunja, nicht ganz.“ „Das verstehe ich nicht“, der Adler ließ seinen Blick schweifen. Er erkannte eine Maus, die tief unter ihm über die Felsen huschte. „Weißt du, Adler, eben noch gehörte das alles mir. Doch jetzt teile ich mit dir.“ „Warum mit mir?“ „Sie dich um, mit wem sollte ich sonst teilen?“ „Ich sehe meine Freundin und die Jungen. Ich habe zwei Söhne. Sie sind immer bei mir, tief in meinem Herzen.“ „Gut, dann teilen wir uns die Welt zu fünft.“ „Aber wie kannst du dich mit einem Fünftel zufrieden geben, wenn dir noch eben die ganze Welt gehörte?“ Der Adler verstand nicht. „Schließe die Augen, Adler!“ Der Adler schloss die Augen. „Jetzt spann die Flügel aus und lass dich fallen.“ Der Adler öffnete die Augen wieder und sah den Mann an. „Wie weiß ich, dass ich dir vertrauen kann?“ „Schließ die Augen und lass dich fallen, Adler. Du wirst verstehen. Vertrau dir selbst, mich brauchst du nicht.“ Der Adler schloss die Augen wieder. Er drehte den Kopf nach vorn und spannte die Flügel aus. Er zögerte. Doch dann ließ er sich fallen. Der Adler flog durch die Luft, immer schneller. Meter um Meter schoss er auf den Ozean hinaus. Der Adler bekam Angst, er hatte das Gefühl für die Welt um sich herum verloren. Er wusste nicht mehr in welche Richtung er flog, ob überhaupt noch geradeaus oder gar hinunter. Er riss die Augen auf, unter ihm glitzerte die Sonne golden im Wasser. Als der Adler sich umsah konnte er den Mann nicht mehr erspähen. Der Felsen war leer. Der Adler war weit vom Ufer weg. Ein Gefühl von Einsamkeit ergriff ihn, es verwandelte sich in Panik. Abrupt machte der Adler kehrt und flog mit großen Flügelschlägen zum Ufer zurück. Er sah seinen Schatten über die Gräser und Steine huschen. Dann sah er den Baum, in dem er das Nest für seine Familie gebaut hatte. Er spürte Erleichterung als er seine Lieben erblickte. Der Adler landete im Nest und schloss die Kleinen unter seine Flügel. Die beiden Jungen schliefen. Jetzt ließ der Adler seinen Blick wieder durch die Ferne schweifen und er verstand. Der Adler drückte seine Flügel noch etwas fester um seine kleine Familie.

Freitag, 13. März 2009

Angst

Sie liest eine Zeitung, er hört Musik, starrt geradeaus. Der alte Mann sieht traurig aus. Dann steigt er ein, der schwarze Mann. Er guckt sich um, kein Platz ist frei, er stellt sich neben mich. Es ist voll, er steht zu nah, ich kann seinen Atem hören. Die Bahn nimmt Fahrt auf. Das gewohnte Rattern, der dunkle Tunnel, doch mein Herz schlägt schnell. Ich fühle in meine Taschen und knüpfe die Jacke zu. Atme tief durch uns stelle mich gerade hin. Ein wenig weiter nach Rechts. Ich hebe meinen Kopf, drehe die Augen. Er starrt mich an. Ich habe Angst, Angst vor dem schwarzen Mann. Dann das Quietschen der Bremsen, die Bahn kommt zum stehen. Die Türen schwingen auf, Bewegung überall. Ich drehe mich um, keine Spur vom schwarzen Mann. Und sie liest Zeitung, er hört Musik. Der alte Mann sieht traurig aus.

Wenn die Hunde bellen

Wenn die Hunde bellen bricht die Stille. Und sie bellen lange. Draußen in der Dunkelheit, wenn nur noch Nacht ist. Sie schicken ihre Stimmen durch die Straßen, bauen Brücken zwischen Inseln. Es sind Brücken die nie betreten, Brücken die verschwinden. In der Dunkelheit der Stille, die alles umschlingt. Irgendwo steht ein Mädchen am Fenster, im Zimmer brennt Licht. Sie schaut hinaus, stellt sich vor was verborgen liegt. In ihrer Hand das Herz aus Papier. Und die Stille bricht, wenn Hunde bellen. Eine Symphonie der Stimmen, die Hunde bellen lange in dieser Nacht.

Mittwoch, 11. Februar 2009

Projekt abgeschlossen

Projekt abgeschlossen Kein Ende in Sicht

Machtlos in der Brandung.

Donnerstag, 5. Februar 2009

Überwältigend

„Was passiert, wenn man so viel Liebe erfährt, dass es einen ganz traurig macht? Man setzt einen Fuß vor den anderen, ein Lächeln zwängt sich unweigerlich auf die Lippen. Es wird ein Grinsen, ein Lachen, die Augen strahlen. Warum gerade ich? Warum mich? Man schwebt.“

Die Biene spannte ihre kleinen Flügel aus und machte einen Satz nach vorn. Surrend flog sie durch die Luft, hinter ihr schwankte die gelbe Blüte ruhig im Wind.

„Man möchte schreien. Bei allen auf einmal sein. Sie alle umarmen. Die Gefühle mit ihnen teilen. Es sind Kleinigkeiten, Zeichen der Liebe. Manchmal sieht man sie. Andeutungen, Gespräche, Augenzwinkern. Sie machen glücklich. Nein, nicht froh, nicht zufrieden. Glücklich.“

Die Biene landete im hohen Gras. Sie kroch einen Stängel hinauf, um eine bessere Aussicht zu haben. Von hier aus konnte sie alles sehen.

„Wenn ich melancholisch bin, dann weiß ich, dass es Liebe war. So viel Liebe, dass ich sie nicht in mir halten kann. Zu viel für meinen kleinen Körper. Ich lasse sie gehen und bin irgendwie traurig.“

„Überwältigend“, sagte die Biene.

Dienstag, 27. Januar 2009

Angst vor dir

„Ich habe Angst“, sagte sie.

„Angst wovor?“, fragte er.

„Vor dir“, sagte sie.

„Vor mir“, wiederholte er.

„Ich habe auch Angst“, sagte er.

„Angst wovor?“, fragte sie.

„Vor dir“, sagte er.

„Vor mir“, wiederholte sie.

Sie griff nach seiner Hand, zusammen gingen sie einige Schritte.

„Du bist so groß“, sagte sie.

„Ohne dich bin ich Nichts“, sagte er.

„Nichts“, wiederholte sie.

„Du bist so stark“, sagte er.

„Ohne dich bin ich Nichts“, sagte sie.

„Nichts“, wiederholte er.

Er griff nach ihrer Hand, zusammen gingen sie einige Schritte.

„Fühlst du es?“, fragte er.

„Es ist ein wunderbares Gefühl“, sagte sie.

„Fühlst du es?“, fragte sie.

„Fühle ich es?“, wiederholte er.

Er legte seine Hand auf ihren Bauch.

„Ein wunderbares Gefühl“, sagte er.

Sie nahmen sich an der Hand, zusammen gingen sie einige Schritte.

Sonntag, 25. Januar 2009

Fiebertraum

Ich stehe im Raum. Auf einmal füllt er sich, ist nicht länger nur ein leeres Gerüst. Er füllt sich mit dem Nichts, Gegenstände verschwinden, feste Wände verblassen. Und dennoch, ein festes Gefüge um mich herum. Ich mache einen Schritt, lausche. Da ist sie wieder, die Bedeutung. Lautlos dringt sie in mich ein wie ein Schrei. Ein lautloser Schrei. Ich drehe mich um, suche sie. Die lautlosen Stimmen, sie reden mit mir. Ich kann sie nicht hören, doch ich fühle. Ich bin zu Hause, in meinem eigenen Zimmer, doch es ist eine andere Dimension. Das Altvertraute, aber eine andere Wahrnehmung. Die Materie verschwindet aus dem Bewusstsein. Überall nur noch das Nichts und die lautlosen Stimmen. Sie hallen durch den Raum, drücken auf mein Bewusstsein, sie sind in mir. Ihnen fehlt der Inhalt und trotzdem vermitteln sie Bedeutung. Die Stimmen erzählen Dinge, die nicht passen. Ich weiß es, doch ich habe keine Chance. Noch wache ich nicht auf, aus diesem Bewusstseinstraum. Schwer wie Steine zieht die Bedeutung an mir. Sie treibt mich durch den Raum. Niemand wird es verstehen, nur der, der es fühlt. Es gab Zeiten, da erfüllte mich der Zustand mit Angst und Verzweiflung. Verstört suchte ich nach dem Ausweg, aus dem Raum ohne Wände. Doch heute bin ich wieder hier, ich kenne ihn schon, den Raum des Nichts. Ich weiß, dass ich ihn nur selten betreten kann. Viel zu selten stehe ich ihr persönlich gegenüber, der Bedeutung. Ich lasse mich darauf ein und lausche.  Sie hat mir nichts zu sagen, doch sie ist da. Ich stehe im Raum der Bedeutung.

Samstag, 24. Januar 2009

Tag Unendlich

Stell dir den unendlichen Tag vor. Dein Ende vor seinem. Dein Leben, das einer Eintagsfliege. Kürzer noch. Ein Tag. Hat der Tag ein Ende, du würdest es nicht wissen. Hat der Tag einen Anfang, du kennst ihn nicht. Wie lange würdest du brauchen dich einzugewöhnen. Wie lange dich zu verabschieden. Bleibt Zeit für den Mittag? Würdest du den Sonnenuntergang beobachten. Ihr Verschwinden, das Symbol für deins. Würdest du es schaffen den Tag über zu rennen, oder schliefest du aus. Denk darüber nach. Du hast alle Zeit der Welt. Einen Tag, der nicht endet. Nicht vor dir. Möchtest du lernen, was Gestern war? Interessiert dich überhaupt, wie Morgen wird? Genau das möchte ich von dir wissen. Sag es mir. Ich lade dich ein. Erzähl von dir. Treffen wir uns? Aber nicht erst heute Abend. Stell ihn dir vor, den unendlichen Tag.